Aber solche Inszenierungen des Hasses auf den eigenen Körper sind längst bekannt und deshalb mittlerweile zu billig, ein Punk-Klischee sozusagen, das nur noch parodistisch aufgegriffen werden kann. Bernhard Kübler tut genau das: er geht über dieses Klischee hinaus, er führt seinem Publikum vor, daß auch das Sich-wie-der-letzte-Dreck-Fühlen eines Sängers in erster Linie ein kalkulierter Effekt ist, den die Songs und die Bühnenshow beim Zuhörer hervorrufen, und nichts Mystisches, das den Sänger zum anbetungswürdigen Märtyrer erheben würde. Er tut das, indem er in die 'tragischen' Songs eindeutig selbstironische Passagen einbaut oder gleich seinen ganzen vermeintlichen Selbsthaß in die Musik einer Partynummer wie Wild Rover und eine durchaus unerhaben wirkende Kunstsprache verpackt, die sich aus verschiedenen süddeutschen Dialekten zusammensetzt: "Ja, ich bin ein Fettsack, so steh' ich hier / Mei Fett hab' i gschaffa mit Whischky und Bier" - und vor allem tut er es durch seine ausufernden Ansagen zu den Liedern, die sein offensichtliches Nichtspielenkönnen und sein - für den sensibel-empfindsamen Hörer in den Songs zunächst unmißverständlich 'ausgedrücktes' - Schlechtdraufsein durch dermaßen viele witzige Anekdoten ironisch abfedern, daß es einem nicht mehr möglich ist, sich beim Zuhören bloß in diesem Elend zu suhlen. Man weiß, daß derjenige, der singt, weiß, daß es ernsthaftere Dinge gibt als den eigenen privaten Frust, und der Zuhörer weiß beim Hören, daß das ewige Rumfrusten auch was höchst Lächerliches sein kann.
Und was kann man nun von dem Kerl bestellen?