Auf ihrer Tournee im September/Oktober 2000 entwickelten Inox Kapell und seine Mitmusiker Dr. Treznok und Toshi Hiraoka diese drei Stücke, die im Anschluss an die Tour aufgenommen wurden.
Von Ostfriesland in den Orbit
Inox Kapell: Tourdoku (7", Dhyana Records dhy034/Urknall Tonquelle U 45, 2001)
Auf ihrer Tournee im September/Oktober 2000 entwickelten Inox Kapell und seine Mitmusiker Dr. Treznok und Toshi Hiraoka diese drei Stücke, die im Anschluss an die Tour aufgenommen wurden.
Die A-Seite trägt den unangenehmen Titel Arbeit und gibt sich in der Tat als Einpeitscher-Track, an dessen Lyrics vielleicht auch Ernst Jünger seine Freude gehabt hätte: "An die Arbeit! [...] Alles ist Arbeit!" Die Umsetzung hätte ihm wohl eher nicht so gefallen, denn dieses Stückchen "Fun-Industrial" (oder, anders gesagt: diese Parodie der Entfremdungsszenarien, die in "klassischer" Industrialmusik gerne bis zum Klischee-Erbrechen gehätschelt werden) sabotiert den effizienten Stampfe-Beat gerade durch die schiere Begeisterung, mit der die Stimmen der drei menschlichen Transmissionsriemen sich und die HörerInnen zur Arbeit antreiben: vor lauter Fanatismus fallen sie aus dem Rhythmus, überlagern sich, Sprachen (deutsch und japanisch) gehen kreuz und quer durcheinander und vermasseln sich ihre eigene Botschaft.
Jetzt erstmal Mittagspause, Zeit zum Platteumdrehen.
Wenn die A-Seite eher das Innen (eingesperrt in der Arbeit) zum Thema hat, dann will die B-Seite ganz klar nach Außen. Wir rufen euch (mein Lieblingstrack auf dieser Platte) erinnert durch Inox' 'hysterisch-kritischen' Gesang und die Phrasierungen stellenweise stark an This is not a Lovesong von PIL, wenngleich die Beats von Inox Kapell vertrackter und fetter und die elektronischen Noises 'was fieser klingen. Vielleicht sprechen zu Inox Kapell ja dieselben Aliens wie zu Johnny "Rotten" Lydon?
Beim Hören des letzten Tracks bezweifelt man dann aber, ob die "Wesen von außerhalb", die gerade gerufen wurden, wirklich aus dem All kommen müssen. Vielleicht findet man sie ja schon In Ostfreesland, das hier geradezu als utopisches Land beschrieben wird. "Ja, in Ostfreesland, da is alles anders". Oder, wie es in den Linernotes im Booklet heißt, das auch mit den unverwechselbaren minimalistischen Inox-Cartoons reichhaltig versehen ist: "in Ostfreesland - geht die Zeit schneller oder langsamer . Diese Switchereien sind oft hilfreich beim Wandern durch die Korridore der eigenen Geschichte", wenn man sich diesem Sport denn hingeben will. Mir genügt schon der geniale Wurf, einen in friesischem Platt gesungenen Elektropopsong zu hören - sicherlich einmalig in der Musikgeschichte und fast so abgespacet wie die Wesen von außerhalb...
gebrauchtemusik
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