Death Metal Dancefloor
Little Brutal Ravebastards Series Vol. II (LP, 2002)
Bestellung bei Dhyana Records (dhy042)

Vier Jahre oder so nach dem ersten Teil dieser Serie, die damals als Co-Release von Dhyana und Intrauterin Records erschien, versammelt sich hier wieder Prominenz ersten Ranges: Bidol Cath, Rgyeue DF, Rembert, Giattitouch, Rapid Death Amersfoort, Anti-Zen und - immer noch mein Lieblingsbandname - Leprozid Pfarrhaus. Allen gemeinsam ist, dass sie dem Hirn bzw. Atrbeitsspeicher von Jean Bach entspringen. Dieser Mann ist die Vielheit (Deleuze/Guattari) par excellence, und es ist hier auch tatsächlich so, dass die verschiedenen Projekte verschiedene Sounds liefern. Also mehr als ein Spiel mit beknackten Pseudonymen - was ja auch vorkommen soll.
Insgesamt finde ich das neue Album noch interessanter als den Vorgänger, der insgesamt straighter war - schneller, in der Rhythmik härter, damit mit bestimmten Clubsituationen wahrscheinlich kompatibler als Vol. II, das sich angenehm durchgeknallt zeigt (und trotzdem einige tolle Abgehtracks zu bieten hat). Insgesamt trifft die Selbsteinschätzung aber im besten Sinne: dies ist "over the edge dancemusic for non existing dancefloors".
Meine Favoriten sind A4 (ich war 6 jahre auf platte (boogie)) und A5 (i thought i could get to the school) sowie B1 (addtranss (rgyeue_qtf live rmx) und B3 (een rot lied), die kalte, metallische Percussionsounds mit Störgeräuschen verbinden, was dem Ganzen auch eine atmosphärische Komponente gibt. Der Knaller unter den zehn Tracks ist jedoch B4 (mein bruder war beim kirchentag mix (fuck merzbow: fuck wumpscut: fuck noisex/dkf)), der nicht nur den im Titel Erwähnten einen vor den Latz gibt, sondern auch ohne Weiteres als Death-Metal-Persiflage mit elektronischen Mitteln verstanden werden kann (und sich gleichzeitig aus der Death-Metal-Soundästhetik die geilsten Elemente einverleibt und etwas ziemlich Geniales draus macht).
Nun könnten Sie mich fragen, wozu braucht die Welt Death-Metal-Parodien? Eine mögliche Antwort wäre: aus demselben Grund, aus dem sie auch Industrial-Parodien wie Bernd Springs Kill Your Local Nazi Industrial Hero braucht, zu dem hier eine gewisse Verwandtschaft zu erkennen ist. Eine andere Antwort: Die Welt braucht diesen Track, weil dann die geringe Chance besteht, dass er mal in einer Landdiscothek oder auf einem Kirchentag "aus Versehen" gespielt wird (Saboteure aller Länder, zu den Waffen - bzw. Plattentellern!). Die agonalen Szenen, die sich dann abspielen, möchte ich sehen. Das abgründige Grauen auf den Gesichtern von Menschen, die beim Hören schlagartig ihren Glauben an Gott verlieren - oder, noch schlimmer, den Glauben an die Wirkung ihres Rasierwassers. Und diese Gesichter dann bitte in Close-up als Videoclip zu Little Brutal Rave Bastards Vol. III.
Wäre das nicht herrlich? Schönen Tag noch.

gebrauchtemusik

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