Die musique concrète, die in ihren Anfängen in den 40er/50er Jahren ja durchaus "hochkulturell" im Kontext der klassischen Avantgardebewegungen rezipiert wurde, ist längst zu einem Kosmos musikalischer Möglichkeiten geworden, der nicht nur die Grenzen von Musik und Nicht-Musik verwischt, sondern auch die Grenzen von U- und E-Musik aufgeweicht hat. Das lässt sich einerseits an Äußerlichkeiten ablesen, wie z.B. der Tatsache, dass die Aufnahmen von Altmeister Pierre Henry Gegenstand umfangreicher Remix-Alben werden. Die Samplerreihe Bip Hop Generation des französischen Labels Bip-Hop bietet die Möglichkeit, sich anhand aktueller Arbeiten neuer, z.T. noch sehr junger Künstler ein Klang-Bild davon zu verschaffen, wie eng elektronische Musik und "Geräuschmusik" mittlerweile verbunden sind - oder es vielleicht schon immer waren. Zweifellos ist, dass der Computer nicht nur die Möglichkeiten der Bearbeitung von Umweltgeräuschen enorm erweitert hat, sondern auch ganz eigene Geräuschumwelten aus Beeps und Glitches überhaupt erst hervorgebracht hat. Diese vielfältige Compilation macht hörbar, was man daraus alles machen kann.
Mit Beiträgen von Bernhard Fleischmann, Arovane, Warmdesk, Köhn, Wang Inc. und Laurent Pernice.
In der Kontrastierung von Geräuschen, gebrochenen elektronischen Rhythmen, die nur sehr schemenhafte Erinnerungen an ihre Herkunft aus einer wie auch immer gearteten Tanzmusik bewahren, und "sentimentalen" Harmonien wirkt Europe on Horseback von dem britischen Duo Tennis (dahinter verbergen sich Benge alias Ben Edwards und si-cut.db alias Douglas Benford) um einiges verspielter, ironischer als die minimalistisch-konzentrierten Sampler-Beiträge. Damit beweist die CD nur umso deutlicher, dass die Codierung von "avantgardistischen" und "popartigen" Klängen obsolet ist - hier werden diese vermeintlichen Gegensätze so schlüssig verbunden, dass der Hörprozess die entsprechenden Vorurteile nach und nach suspendiert.