Alexander Scholz:
Das Bild, das Du zeichnest, klingt umfassend optimistisch, multiinformativ und unbegrenzt dehnbar, was das künstlerische Offerieren betrifft. Eigentlich kann man kaum Einwände bringen, es sei denn, sie seien traditionalistischer Natur - und somit fast als rückschrittlich, albern und unreaktionär verschrien. Ich möchte es trotzdem versuchen, um so mit Dir ins Gespräch über Deine eigenen Ambitionen, Dein eigenes Internetmagazin und die tatsächliche Fortschrittlichkeit der interaktiven, verlegerischen Eigenständigkeit oder Unabhängigkeit zu diskutieren. Daß heißt, ich würde gern versuchen, Für und Wieder abzutasten, denn, um ganz einfach anzufangen, warum haben sich die Internetmagazine und Stimmen aus dem Off im Netz noch nicht gegen die traditionellen Erscheinungsformen durchgesetzt. Warum opfern wir noch soviel Mühe in unseren Projekten, so schön wie möglich Bücher auf Papier herzustellen, warum drucken wir und pressen nicht CD-ROMs. Warum brauchen wir sinnliches Vergnügen, daß uns Designer auf Papier zaubern. Warum malen wir noch auf Leinwänden. Warum lieben wir handgeschöpftes Papier, und warum wollen wir die Vögel bei einem Waldspaziergang singen hören, und warum haben wir noch nicht unsere perfekte Cyberpartnerin, um einmal ganz weit auszuholen. Alle Punkte, die Du in Deinem Text besprichst, sind für mich eher ein Versuch der Schönfärberei unserer Verlegerwelt, die nun einmal finanzielle und somit materielle Probleme hat, die der Computer aus moralischen Gründen der Kommunikation, der Verständigung, der Gemeinsamkeit nicht verdrängen sollte. So wird der Ansatz, das Gute am Internet, aufgrund unserer miserablen, verlegerischen Zustände (schlechtes Layout, hohe Druckkosten usw.) ein philosophisches und ethisches Problem, daß Du nicht dadurch lösen kannst, indem Du behauptest, wir hätten jetzt die Wunderwaffe, um uns als Literaten ohne industrielle Herausgeber zu heilen. >>>