Reviews for the next great depression
Swagger: Let's Activate /
Beautiful New Born Children: Do the Do / I Do 2 / U R Sweet
(Split 7", Dhyana Records DHY 048, 2003)

Der Titel soll nicht besagen, dass die Platte so depressiv ist, sondern lediglich, dass die Rezension kurz ausfallen wird. Nachher kommt nämlich hier jemand vorbei, der von hier aus ins Internet muss, um Bewerbungen zu verschicken, und bis dahin muss der Rechner frei sein. So ist also auch gebrauchtemusik als nichtkommerzielles Unternehmen von der Rezession betroffen (das Wortspiel mit "Rezension" ist mir jetzt zu blöd, das denken Sie sich bitte an dieser Stelle selber dazu).

Swagger dagegen sind nicht betroffen, sondern im positivsten Sinne abgeklärt, was vielleicht mit der Hitze in Los Angeles zu tun hat. Über einer dicken Bassline kommen hier gitarrenverstärkerverzerrte Vocals dazu (die man, in bester Dhyana-Manier, nicht verstehen kann, was aber zur Unaufdringlichkeit des Stücks durchaus beiträgt - glaub aber, dass der Text recht mürrisch-charmant ist: "Could've been a love song", heißt es einmal), Gitarre, und dann wandern unterschwellig hymnische Dünen aus Analogsynthesizer durchs Stück. Getragen, aber spannend; emotional, aber 100% pathosfrei - Beck meets The Cure (die ganz frühen).

The Beautiful New Born Children liefern auf der B-Seite gleich drei Stücke ab, die alle lässig den "Bekloppteste Songbetitelung"-Grammy gewinnen könnten: Do the Do, I Do 2 und U R Sweet. Das passt aber, denn was hier zugange ist, hat so eine liebevoll zusammengefakete (auch unter Einsatz von betont garagigen Gitarren und verzerrtem Gesang) Ur-Rock'n'Roll- bzw. sogar Memphis-Blues-Rauheit, dass man sich gleich vorstellen möchte, wie Dhyana-Chef Bernd Spring die Acetat-Masters auf seinem letzten USA-Urlaub vor der Ruine der Sun-Studios aus dem Abfalleimer gezogen hat. In Wirklichkeit war Bernd Spring meines Wissens aber noch gar nie in Amerika. Beim dritten Stück merkt man dann auch, dass die Sachen nicht aus den 50ern sind, weil das halt ein scheeener (ja, der Titel mit dem sweet ist dann schon verdient) Ami-Indiepop-Song ist. Bzw. was heißt hier Indiepop? Könnte man sich unplugged auch von Neil Young und Linda Ronstadt im Duett vorstellen.

Fazit: Was wären wir ohne das Amerika im Kopf? Im Ohr? Ein Scheißdreck wären wir. Long-distance information, get me Memphis, Tennessee. Danke, Dhyana Records.

gebrauchtemusik

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