Die Lage ist schräg, aber nicht ernst
Schräglage: Entstehe jetzt (CD, 2003)
Bestellung zum Preis von 8,- Euro zzgl. Porto bei der Band.
Schwer verzerrte, meist als finster drohende Wände sich auftürmende Gitarren. Nervöse, stolpernde Rhythmen, die sich auf unsicherem Terrain ihren Weg suchen. Eine Stimme, die flüstert, verführt, beschwört, jubiliert. Texte, die für Popsongs unerhörte Bilder entstehen lassen und auf nachvollziehbare Geschichten ebenso verzichten wie auf eine coole Attitude. Und ein Saxophon, das die dunklen Sounds der Umgebung zu durchdringen sucht, indem es kleine, naiv wirkende Melodien auf den Wall of Sound malt. Oder dagegen anschreit. Oder sich hysterisch darüber kaputt kichert.
Vor zehn Jahren, als die Mitglieder des Trios Schräglage - Jaremie Otternbach (sax, voc, perc), Big (dr) und Ralf K. (git) - , damals verstärkt durch Bass und "Schreikultur", noch unter dem Namen Erwin + the 2 Days spielten, konnte man deren Sound in die Kategorie "experimenteller Jazzcore" einordnen. Heute, nachdem die subkulturellen Biotope, in denen solche esoterischen Stilarten gepflegt wurden, großteils nur noch musealen Charakter besitzen, kann man umso besser würdigen, dass diese Musik ihresgleichen sucht. Auf der Suche nach einem Vergleich, der die Musik von Schräglage beschreibt, müsste ich bis zu Kleenex/Liliput und Lora Logic zurückgehen, deren Sound zu ihrer Zeit ja auch einzig dastand.
Auf solche Vergleiche festlegen lässt sich Schräglage daher auch nicht. Diese Musik zum Schlangenbeschwören, Prinzenküssen, Datenschrotten, Friedhöfe besuchen u.v.m. sucht sich ihre ganz eigenen Wege, und das ist in jedem Stück zu merken. Immer hat man den Eindruck, der Ausgang sei offen, die Klänge der Instrumente würden sich so sehr aneinander reiben, dass der Song mittendrin Feuer fangen könnte. Dies aber heißt nicht, dass die Musik abgehoben oder "verkopft" wäre. Faden ist z.B. ein (jedenfalls teilweise) durchaus eingängiger Rocker, der zeigt, dass Schräglage feine Pop-Hooks schreiben können - die sie dann eben in Schräglage versetzen - , und die Texte verraten einen Humor der besten Sorte, nämlich den, der sich nicht greifen lässt, weil er auf Pointen verzichtet.