Half Japanese
Queen of Japan: Nightlife in Tokyo (CD, Angelika Köhlermann AK009, 2001) - Vertrieb: Hausmusik
Tujiko Noriko: Shojo Toshi (CD, Mego 047, 2001) - Vertrieb: Hausmusik, A-Musik (D), Karbon (CH)
Über Queen of Japan ist ja mittlerweile sicher schon genug geschrieben worden, weshalb wir uns kurz fassen können. Die Musik ist ohnehin nicht der Rede wert: Ramschartikel aus den dunkelsten Zeiten der Popgeschichte von I Was Made For Loving You bis Physical, im aktuellen Elektropop-Sound und mit lasziv-unterkühltem Frauengesang gecovert von einem japanischen Trio. Das bestätigt aufs Schönste das exotistische Pop-Klischee, dass "die Japaner" gerne trashmäßig mit dem Bodensatz westlicher Popmusik spielen und deswegen supercool sind. Dass das "die Japaner" auf eine mehr als einfältige Musikpraxis festlegt, ist schon ärgerlich genug. Dass hinter dem Projekt aber faktisch keine Japaner, sondern der durchaus europäische usual suspect Hans Platzgumer und Konsorten stecken, die damit nonchalant demonstrieren, dass sie den "typisch japanischen" Trash-Kult natürlich viel besser beherrschen als die Japaner selbst - das stellt Queen of Japan (ob sie nun FPÖ wählen oder nicht) auf eine Stufe mit Eric Clapton, der Bob Marleys I Shot the Sheriff coverte und zugleich die National Front dafür lobte, dass sie die "Nigger" aus England entfernen will.
Angesichts der kolonialistischen Klischeemaschine freut es einen umso mehr, ganz neue Musik aus Japan auf einem europäischen Label zu finden. Tujiko Noriko tritt auf ihrem zweiten Album den Beweis an, dass es in Japan außer Zitatpop und Noise noch andere interessante Popmusik gibt. Die 10 Stücke von Shojo Toshi entziehen sich der Genre-Einordnung; sagen lässt sich immerhin, dass sie ein eigenartig getragenes Tempo an den Tag legen, auch auf den Tracks, die mit ziemlich satten, etwas dreckig klingenden Beats arbeiten (andere sind eher flächig-ambient). Durchgängig spannend ist die CD durch das Übereinanderschichten von oft sehr gefällig-melancholischen Harmonien und unterschwellig aufgerauten Soundtexturen. Dass die Mischung nie ins Süßliche umkippt, verdankt sich den oft überraschend komplexen Gesangsmelodien und Norikos Stimme - sie gehen gewissermaßen öfters mal Umwege, damit der Track nicht zu "gerade" verläuft. Dieses Zusammenspiel von Musik und Stimme und auch die Grundstimmung des Albums lässt sich am ehesten mit der frühen Björk vergleichen. Aber Vergleiche hin oder her: Dieses Album ist jedenfalls sehr zu empfehlen, und wenn jemand Königin von Japan ist, dann Tujiko Noriko ;-). Anspieltipps: Endless End (Track 1), Tokyo (Track 6) und Differencia (Track 8).