Der Titel der CD ist bescheiden und zugleich programmatisch, klingt er doch so, als seien die 22 Tracks (Gedichte? Klangkunstwerke? Repetitive Kehlkopf-Arien? Eine Klassifizierung in den Kategorien der traditionellen Kunstgattungen ist bei Artefakten dieser Art nach wie vor schwierig.) nur ein kleiner Vorgeschmack auf eine zukünftige Kunst, in der nicht - wie in der Literatur - die Bedeutungsfunktion der Sprache im Vordergrund steht, sondern die Geräusche des menschlichen Sprechens. So werden Nebengeräusche wie das Atmen oder das Öffnen der Lippen zu Breakbeats gesamplet, würgende Kehlkopfakrobatik à la Helge Schneider und Max Goldt fungiert als Zerhacker sprachlicher Alltagssituationen, das für die Kommunikationsfunktion der Sprache Bedeutungslose wird zentral und stellt die Selbstherrlichkeit dessen, der sich seiner Sprache gewiss wähnt, in Frage.
Obwohl dieser sprachkritische Ansatz sich zweifellos aus dem dadaistischen Laut- und insbesondere Simultangedicht speist, hat es mit dem Lautgedicht als literarischem Genre, wie es heute etwa im Werk von Ernst Jandl oder Oskar Pastior begegnet, weniger zu tun, als man denken könnte. Entscheidend für die Eigenständigkeit der Sample Poetry ist tatsächlich der Sampler bzw. die Verwendung von avancierter Technologie. Indem sie Sprach- bzw. Sprechkunstwerke schafft, die ohne den Einsatz solcher Techniken, also allein im Live-Vortrag des Sprechers, gar nicht möglich wären, reflektiert sie auch das Verhältnis von Mensch und Technik bzw. genauer gesagt die Frage, inwieweit die "Revolution der Kommunikationstechnologie" auch eine Proliferation der Kommunikationsstörungen sein könnte. Unter diesem Aspekt ist die Tradition, an die Dirk HülsTrunk anschließt, am ehesten die der lettristischen Schallplattenaufnahmen, die Greil Marcus auf dem LP-Sampler zu seinem Buch Lipstick Traces überliefert: diese Instrumentation verbale von Jean-Louis Brau kann auch nur durch den Einsatz der damals verfügbaren Studiotechnik so klingen, wie sie klingt. Und wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass es erst 1963 zu einer solchen Aufnahme kam, obwohl der Lettrismus als literarisches Phänomen in den 50ern seine Hochphase hatte: 1963 hatte sich die Musique concrète in Frankreich als Avantgarde-Genre innerhalb des Rundfunk-/Studio-Kontextes durchgesetzt, ein Genre, dem es ebenfalls um die Auslotung der Grenzen zwischen Kunst-Signal und Umwelt-Geräusch und die Erprobung neuer Technologien ging. Vielleicht konnte der Lettrismus als traditionelles Literaturzirkel-Phänomen erst innerhalb dieses Kontextes sein volles Potenzial entfalten.
In der gegenwärtigen Klang-Landschaft sucht Dirk HülsTrunk indes weiter seinesgleichen; einzig vergleichbar sind die Arbeiten von ide: (Christian Ide Hintze), die unter dem Titel [ampf] (Extraplatte 462) erschienen sind. Während HülsTrunks empfehlenswerte CD den Beweis antritt, dass extreme Kunst sehr lustig sein kann, gelten seine Performances als schlechthin legendär.