Vor einigen Wochen hatte ich Besuch von einem Freund. Als ich den Dhyana-Records-Sampler comeco einlegte, den ich gerade bekommen hatte, sagte er plötzlich ungläubig: "Das ist ja Bullenschweine von Slime." Überflüssig, dass das heute noch jemand covert? Als Punkrocknummer bestimmt. Was wir hörten, war jedoch die instrumentale Bullenschweine C64-Version, entnommen vom vorliegenden Album, dessen acht Stücke samt und sonders mit einem Commodore 64, der Mutter aller Heimcomputer, eingespielt wurden.
Indem sie die Musik von dem tristen Arbeitsalltag befreit, den diese bis ins vergangene Jahrzehnt hinein als Autonomen-Slogan fristen musste, zeigt die Version, was Bullenschweine für ein hübsches, fröhliches Stück Musik ist - das ist wirklich mal ein Neuarrangement, das die Komposition in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt. Wichtig ist das vor allem, weil die C64-Retrosound-Szene ja nicht unbedingt ein Quell permanenter musikalischer Neuerungen ist - oft klingen die Stücke eben so, wie die Soundtracks von C64-Spielen schon in den 80ern klangen und gehen ihrem eigenen Gimmickeffekt auf den Leim. Dass die Musik auf einem C64 gespielt wird, ist dann wichtiger als die Qualität der Musik.
Diesen Vorwurf kann man der CD von Sputnik Booster nicht machen (außer im Fall von The House of the Ghosts).
Eine geradezu archetypische Politpunk-Nummer zu covern, ist sicher ein deutliches Statement, dass Sputnik Booster eine Technologie, die primär der Herstellung von Zeitvernichtungsprogrammen und der dazugehörigen Gebrauchsmusik verpflichtet war, zweckentfremden will - ganz im Sinne des Credos von Underground Resistance aus Detroit, die Programmierung, die die Herrschenden durch Hi-Tech an uns vollziehen, müsse mittels musikalischer "Deprogrammierung" bekämpft werden. Etwas salopper gesagt: Man darf Technologie nicht als Selbstzweck betrachten, sondern soll damit Musik machen, die den Kopf freibläst. (Was auch eine Art wäre, den Kern der Punkästhetik auf den Punkt zu bringen.) Das ist Sputnik Booster auf dieser CD zweifellos gelungen: Die meisten Stücke rocken wie die Hölle. ("Rocken" ist hier durchaus im engeren Sinne zu verstehen!)
Zu bekommen ist das Album über den Mailorder Against All Evil, ein hochlöbliches Projekt aus dem Umfeld der Band Das grausame Schneeballschlachten (Ex-Beatpykmähen), das - wie übrigens auch die Band selbst - daran arbeitet, Musik zu verbreiten, die aus der besagten Punkästhetik Funken zu schlagen vermag. Das heißt fast zwingend, dass sich im Programm von Against All Evil nicht unbedingt der pure Punkrock findet, sondern disparate, individualistische Projekte von C64-Hackern bis zu mazedonischen Liedermachern. Check it out - eine Mailorderliste gibt es auf Anfrage per E-Mail.